Auslandssemester – Schweiz und Österreich

Du möchtest gerne Land, Leute und Kultur kennenlernen, ohne jedoch auf den Komfort einer einfacheren Verständigung oder kurzen Anreise zu verzichten? Dann könnte die Schweiz oder Österreich genau das richtige Ziel für Dein Auslandssemester sein!
Malerische Seen, naturnahe Wandermöglichkeiten und atemberaubende Berglandschaften warten auf Dich!
Schweiz
Zürich
Der btSler Tim Langhorst hat von 2020 bis 2024 an der ETH (Eidgenössische Technische Hochschule) in Zürich, also im deutschsprachigen Ausland, promoviert.
Einkaufen mit Budget
„In der Schweiz ist alles teurer.“ – Das ist wohl eines der bekanntesten Vorurteile gegenüber dem Alpenstaat südlich von Deutschland. Aber stimmt das wirklich? Tim erzählt uns aus seinem Alltag und gibt einige Tipps und Tricks, wo die Lebenshaltungskosten möglicherweise in die Höhe schießen.
Jeder Mensch muss essen. Fangen wir also mit den Lebensmittelpreisen an. Tim berichtet, dass die Preise für Obst, Gemüse und Co. tatsächlich mal deutlich teurer waren, sich aber wegen der Inflation an die deutschen Preise angenähert haben. Allerdings ist und bleibt das Essen gehen in Restaurants, Cafés usw. nach wie vor sehr teuer. Auch Fleisch im Supermarkt ist nach wie vor deutlich hochpreisiger. Ebenso Drogerieprodukte. Es lohnt sich, diese entweder in großen Gebinden/im Sale vor Ort oder vor der Abreise in Deutschland zu kaufen.

Gut versorgt
Was die medizinische Versorgung in der Schweiz betrifft, so berichtet Tim, dass diese sehr gut, aber ebenfalls teuer sei. „Hier muss man erstmal für alles selbst zahlen. Die Krankenversicherung springt erst über einer Jahresdeckungssumme (Franchise, z. B. 1.500 CHF) ein. Oft muss man dann aber immer noch anteilig selbst zahlen. Sinnvoll ist es, sich das dazu nötige Geld auf einem separaten Konto bereit zu halten, damit es immer verfügbar ist und es nicht so weh tut, wenn man es zahlen muss.“
Bei längeren Aufenthalten (z. B. Promotion) – wo Arztbesuche nicht ausbleiben – lohnt sich also auf jeden Fall ein inländisches Konto. Allerdings kann auch bei kürzeren Aufenthalten (z. B. Auslandssemester) ein Schweizer Konto attraktiv sein, wenn man Twint nutzen möchte – die Schweizer Version von PayPal. Jedoch sollte man beachten, dass man eine Schweizer Telefonnummer benötigt, um ein inländisches Bankkonto zu eröffnen.
Als Stolpersteine bezüglich der medizinischen Versorgung benennt Tim zudem, dass ausländische/studentisch Versicherte nicht sonderlich beliebt bei Ärzten sind und es schwer sein kann, eine feste Hausarztpraxis zu finden. „Es gibt allerdings auch die Permanence, eine Art Notdienst für Nicht-Notfälle, zu denen man immer gehen kann.“ Ein letzter Tipp zum Thema medizinische Versorgung: Man sollte sich vor Reiseantritt gegen FSME impfen lassen. „Hier ist, wie im Schwarzwald, FSME-Risikogebiet, und durch die schöne Natur und die vielen Wander- und Bademöglichkeiten kommt man den Zecken auch sehr nahe.“
FYI: Tim hat seinen Aufenthalt durch sein Gehalt finanziert, das er im Rahmen seiner Promotion bekommen hat. Ein weiterer Vorteil, in der Schweiz zu promovieren, ist, dass die ETH den Mitarbeitenden das Halbtax (vergleichbar mit Bahncard 50) zahlt. Dadurch kann man das extrem dichte, schnelle und verlässliche ÖPNV-Netz, bestehend aus Tram, Bahn, Bus und Postautos (Kleinbusse), nutzen. Denn eins kann Tim uns definitiv raten: „Wer hier Auto fährt, braucht deutlich länger.“
Abkühlung gefällig?
So, nun aber genug der Finanzen. Was hat Zürich denn alles zu bieten? Tatsächlich einfach ALLES. „Einen wunderschönen See und gleich drei Fließgewässer mit kostenfreien Badis (öffentliche Freibäder). Tolle Berge drumherum. Ein dichtes Netz an Trinkwasserbrunnen, gepflegte öffentliche Toiletten. Wassertaxis, die im ÖV-Preis enthalten sind. Kostenlose Kunstausstellungen. In der Mittagspause in die Limmat (Fluss in der Innenstadt, der sich aus dem Zürisee speist) springen. In Schlauchbooten etc. den Fluss hinabtreiben lassen (böteln/floaten), bis zur Haustür oder der nächsten S-Bahn-Haltestelle. Die vielen Feste und Veranstaltungen (Street Parade, Zürifescht, Nacht der Museen, Badenfahrt, Fasnacht, Seeüberquerung, Limmatschwimmen, ...).“
Wie Du siehst, Tim ist vollauf begeistert von der Stadt und kann einen Aufenthalt dort nur empfehlen!

Abgesehen von Zürich selbst, hat Tim viele Teile der Schweiz erkundet – meist mit der Bahn. Am liebsten ist er vor allem in die Berge und ins Tessin (den italienischsprachigen Teil der Schweiz) gereist. Besonders gerne erinnert er sich an das „Wandern mit Übernachtung im Zelt, z. B. auf dem Leistchamm – nicht weit von Zürich. Mehrtageswanderungen mit Hütten (bewirtet und unbewirtet). Klettersteige.“
Kulturschock? Nein, danke!
Zu guter Letzt bleibt zu sagen, dass der große Kulturschock ausblieb. Gewundert hat Tim lediglich, „dass hier alle ihre Handys und Portemonnaies mitten im Stadtpark einfach auf der Wiese liegen lassen, wenn sie schwimmen gehen.“
Zudem kann das Schweizerdeutsch je nach regionalem Dialekt und eigener Erfahrung mit anderen Dialekten erstmal schwierig sein. Die Menschen sind allesamt sehr freundlich und, um es mit einer in der Schweiz in allen Altersgruppen gängigen Formulierung zu sagen, “lässig”: „Hier grüßt man mehr und vertraut sich.“
Dennoch ist es schwierig, enge Freundschaften zu schließen. Tim haben dabei Vereine geholfen, aber auch die Community-Plattform Ron Orp und Meetup (eine App, um Ausflüge und Veranstaltungen zu organisieren und daran teilzunehmen, bei der es leider viel unseriösen Kram, aber auch echt tolle Events gibt). Einigen von Tims Arbeitskollegen hat Ron Orp sogar geholfen, eine Wohnung zu finden, was in Zürich schwer sein kann.
Basel
Die btSlerin Shirlin Sham war sechs Monate lang für ein Industriepraktikum bei der Pharmafirma Roche in der Schweiz – genauer gesagt in Basel.
Vielfalt pur
Basel hat mit etwa 200.000 Einwohner:innen, wie viele Schweizer Großstädte, eine Menge Freizeitaktivitäten zu bieten: „Basel hat extrem viele Museen, aber auch sonstige Freizeitangebote wie Kino, Bowling, Restaurants etc.. Was die Stadt meiner Meinung nach besonders macht, sind die Büvetten (sowas wie Imbissstände), die entlang des Rheins stehen und wo man sich Drinks und kleine Häppchen zum Essen holen kann. Das ist im Sommer immer besonders schön, wenn man sich was zu trinken holt und mit dem Getränk dann am Rhein sitzt. Sobald die Temperaturen hochgehen, sind auch immer sehr viele Leute im Rhein und lassen sich vom einen Stadtende zum anderen treiben. Ich kann das nur empfehlen!“
Hallo, neues Zuhause
Was den praktischen Alltag betrifft, so musste sich Shirlin beispielsweise als „neue Bürgerin“ bei der Stadtverwaltung anmelden. „Man musste bei der Stadt einen L Ausweis (Kurzaufenthaltsgenehmigung) beantragen. Man muss online einen Termin bei der Stadt machen und verschiedene Dokumente (wie z. B. Arbeitsvertrag und andere Formulare, die auf der Website der Stadt hinterlegt sind) mitbringen. Es wird vor Ort noch ein Foto für den Ausweis gemacht und dann muss man für die Anmeldung zahlen. Es waren insgesamt um die 70 Schweizer Franken (CHF).“ – In Shirlins Fall wurden diese Gebühren von Roche erstattet.
Auch das Thema Verständigung war nicht allzu kompliziert, wie sich Shirlin erinnert:
„Ich habe am Anfang etwas gebraucht, um mich an das Schweizerdeutsch zu gewöhnen. Manche Wörter sind auch einfach anders. Da ich allerdings aus Baden stamme und mir dementsprechend das Allemannisch nicht zu fremd ist, habe ich nicht lange gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt habe. Mittlerweile finde ich das Schweizerdeutsch charmant.“
Auf Nummer sicher
Und da wir schon mal beim Thema Alltag in der Schweiz sind, hat Shirlin noch ein paar weitere Tipps für Euch:
1. Versicherungen
„Wenn jemand sein Praktikum während des Studiums macht, würde ich auf jeden Fall empfehlen, eine studentische Versicherung in Deutschland abzuschließen und sich dann in der Schweiz befreien zu lassen. So spart man deutlich Geld.“ – Den Antrag auf die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht kann man online bei der Gemeinsamen Einrichtung KVG einreichen (Link).
2. Inländisches Bankkonto
„Man braucht nicht unbedingt eins. Allerdings würde ich das empfehlen, weil sonst der Lohn von CHF in EUR von der Bank umgerechnet wird. Je nach Kurs kann hier Geld verloren gehen. Ich habe mir daher ein Schweizer Konto angelegt. Es macht es auch leichter, wenn man sich in der Schweiz etwas kaufen möchte, da man bereits Geld in der richtigen Währung zur Verfügung hat.“
3. Inländische Telefonnummer
„Braucht man nicht. Allerdings braucht man einen Vertrag, der ebenfalls Telefonie und Internet in der Schweiz zulässt. Ich habe einen Vertrag bei fraenk gemacht – eine deutsche Marke, die auch Internet und Telefonie in der Schweiz anbietet. Alternativ kann man sich auch eine Schweizer SIM-Karte besorgen.“
Teure Lebensmittel, günstiger ÖPNV
Ähnlich wie Tim hat Shirlin die Erfahrung gemacht, dass die Lebensmittel ein gutes Stück teurer als in Deutschland waren. Für bestimmte Dinge war es laut Shirlin tatsächlich sogar das Doppelte. Dafür waren andere Sachen aber den deutschen Preisen recht ähnlich. Auch im Punkto Essen gehen decken sich die Erfahrungen von Tim und Shirlin: „Essen gehen auswärts ist deutlich teurer. Man muss mit min. 20 CHF rechnen pro Mahlzeit. Eis ist besonders teuer mit 4 CHF pro Kugel!!“
In Punkto Transport hatte Shirlin den Service, dass es einen Roche-Shuttle gab, der vom Badischen Bahnhof (alternativ auch von den Roche Towern) direkt bis vor das Roche-Gelände in Kaiseraugst fuhr. Außerhalb der Arbeit ist Shirlin in Basel viel mit der Straßenbahn gefahren und innerhalb der Schweiz mit den Zügen der SBB. Das hat sich angeboten, da es in der Schweiz ziemlich viele Vergünstigungen für Leute unter 26 gibt. So hat sich Shirlin beispielsweise das Halbtax gekauft (was wir schon von Tims Erfahrungsbericht kennen). Unter 26 kostet das Halbtax etwa 120 CHF im Jahr und Ü26 ca. 180 CHF. Laut Shirlin lohnt sich das auf jeden Fall, wenn man in der Schweiz etwas rumreisen möchte. „Es gibt auch noch die Friends-Tageskarte Jugend von der SBB, mit der bis zu 4 Leute unter 25 für 80 CHF einen Tag lang durch die komplette Schweiz fahren können. Das lohnt sich mega, wenn man Freunde in dem Alter hat und auch mal etwas weiter weg fahren möchte, z. B. in die italienische Schweiz.“
Klein, aber fein
Aufgrund der kleinen Größe des Landes konnte Shirlin alle größeren Städte der Schweiz mittels Wochenendtrips besichtigen.
„Besonders schön ist natürlich die Natur in dem Land. Viele Leute gehen auf Wandertrips, vor allem in der Gegend von Interlaken ist es extrem schön. Die Schweiz hat aber auch viele schöne Seen, die man besuchen und in denen man baden kann. Wir sind fast ausschließlich mit dem Zug gereist. Die SBB (Schweizerische Bundesbahn) ist sehr pünktlich und wir hatten eigentlich nie Probleme mit dem Zug.“

Ein voller Erfolg
Trotz der teilweise recht hohen Preise ist ein Aufenthalt in der Schweiz definitiv lohnenswert. Shirlins Top 3 Erlebnisse waren z. B.:
Nr. 1: „Die Bootstour, die wir auf der Aare von Thun nach Bern gemacht haben. Es gibt verschiedene Anbieter, über die man sich Schlauchboote und alles andere wichtige Equipment leihen kann. Mit dem Schlauchboot lässt man sich dann entlang des Flusses treiben. Es war eine super Erfahrung und eines meiner Highlights vom letzten Sommer. Wir waren Mitte September unterwegs (was eigentlich relativ spät ist), allerdings war das im Nachhinein, glaube ich, ein ziemlich guter Zeitpunkt, weil an dem Tag der Fluss nicht überfüllt war mit anderen Booten. Soweit ich weiß, ist das in der Hauptsaison deutlich anders.“
Nr 2: „Mein Team und die Arbeit, die ich während dem Praktikum gemacht habe, sind ebenfalls ein Highlight meiner Zeit dort. Ich habe mich gegen Ende meines Praktikums wirklich gut mit den anderen Teammitgliedern verstanden. Ich durfte als erste Praktikantin überhaupt bei einem Audit eine aktive Rolle übernehmen und mit den Inspektoren interagieren, was mir wiederum das Gefühl gegeben hat, dass mein Team Vertrauen in mich und meine Kompetenzen hatte. Dafür war ich sehr dankbar und diese Woche hat mir auch extrem viel Spaß gemacht.“
Nr 3: „Als letztes würde ich sagen, dass die Freundschaften, die ich während meines Aufenthaltes geschlossen habe, ebenfalls sehr wichtig für mich sind. Ich habe noch immer Kontakt mit einem Großteil von ihnen und ich bin mit diesen Leuten in dem halben Jahr sehr viel gereist. Roche hat sehr viele Praktikant:innen in Basel und Kaiseraugst und wir sind eine ziemlich gute Community. Es ist relativ leicht, neue Freunde zu finden, und alle sind sich direkt näher, weil wir alle dieselbe Erfahrung teilen.“
Fazit – Flüsse, Seen und jede Menge Spaß
Tim und Shirlin haben ihre Zeit in der Schweiz sichtlich genossen! Beide schwärmen von den vielen Bademöglichkeiten in Flüssen oder Seen, der Aufgeschlossenheit der Schweizer und den vielfältigen Kulturangeboten. Wenn Du also auf der Suche nach Natur, tollen Wandermöglichkeiten und einer lässigeren Mentalität bist, dann probiere doch mal einen Auslandsaufenthalt in der Schweiz aus!
Österreich
Erfahrungsberichte zu Auslandsaufenthalten in Österreich befinden sich derzeit in Bearbeitung und werden bald veröffentlicht. Schaue also gerne bald wieder vorbei!
Falls Du selbst btSler:in bist und von Deinem Auslandsaufenthalt auf unserem Blog berichten möchtest, dann schreibe eine Mail mit dem Betreff Karriereblog Auslandserfahrung an unsere AG Marketing. Wir freuen uns über jeden Erfahrungsbericht!
Autorin

Carolin Krieger (M.Sc. Molecular Life Sciences) beschreibt ihr Auslandssemester in Belgien als die beste Zeit ihres Lebens. Für sie sind Auslandsaufenthalte, egal welcher Art und Länge, eine echte Lebensbereicherung. Unsere Ländersteckbriefe sollen Dir bei der Auswahl für Dein nächstes Auslandssemester/-praktikum helfen.
Folgende Personen haben ebenfalls mitgewirkt: Shirlin Sham, Tim Langhorst