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Aktuelles aus der btS

Beitrag aus den ScieNews: Biosecurity

Biosecurity, Biosafety, Laborsicherheit, Dual Use – was ist eigentlich der Unterschied? Und was geht mich das an? Warum es wichtig ist, dass wir alle mehr darüber lernen – und lehren. Janina Lüders hat einen btS-Workshop zu diesem Thema auf der Mitgliederversammlung der btS geleitet. Hier könnt ihr das komplette Interview lesen und warum es wichtig ist über BioSecurity zu sprechen.

Ein Beitrag aus der ScieNews 2019/20 von Janina Lüders.

Biosecurity

Ist das überhaupt (sicherheits-)relevant?

 

Wie bist Du zum Thema Biosecurity gekommen?

Ich war 2015 Teil von iGEM – und in unserem Projekt haben wir uns mit dem Nachweis von K.O.Tropfen befasst. Dabei fanden wir viele, detaillierte Informationen, zum Beispiel zu Kauf und Herstellung, im Internet. Das löste die Frage aus, wie wissenschaftliches Wissen, also auch die Veröffentlichung unseres Projektes, sicher gestaltet werden kann. Muss man Projekte abbrechen, wenn sie kritisches Wissen hervorbringen können? Oder zensiert man seine Veröffentlichung? Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, wenn Forschung und deren Ergebnisse missbraucht werden? Die Forscher an sich hatten ja nur beste Intentionen. Uns trifft doch keine Schuld, oder?

Darauf aufbauend habe ich mich mit Biosecurity und sicherheitsrelevanter Forschung beschäftigt. Der Biosecurity Workshop auf der btS-Mitgliederversammlung in Bad Hersfeld behandelte Definitionen, Statistiken, Fallbeispielen und vor allem Strategieentwicklung zur Vermeidung von Risiken. Der Workshop ist an die Arbeit von Tatyana Novossiolova angelehnt. In ihrem Buch “Biological Security Education Handbook: The Power of Team-Based Learning” behandelt sie verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit Biosecurity.

 

Warum habe ich noch nie zuvor von Biosecurity gehört?

Da bist Du bei Weitem nicht allein. Im Rahmen von iGEM 2017 hat unsere Umfrage ergeben, dass 63 % der Befragten keine oder kaum Aufklärung seitens der Uni erfahren haben – 78 % wünschen sich bessere Lehre in der Hinsicht. 71 % kannten Dual Use oder Sicherheitsrelevante Forschung als Begriff nicht. Gespräche mit Lehrenden haben hingegen durchaus Interesse gezeigt an Lehrveranstaltungen mitzuwirken – jedoch wenig Interesse an zusätzlicher Regulation oder Papierkrieg (wer hätte es gedacht). Das hingegen ist doch die ideale Situation! Mehr Lehre – mehr Aufklärung – mehr Bewusstsein – weniger Risiko – weniger Regulationsbedarf.

 

Was ist Biosecurity?

Während Biosafety Belehrungen jedem von uns zu Genüge bekannt sind, schneidet Biosecurity eher schlecht ab. Was ist denn jetzt Biosecurity? Es gibt viele Definitionen dafür.

„Der Begriff der Biosicherheit umfasst im Englischen zwei Aspekte: die Sicherheit vor Unfällen (biosafety) und die Sicherheit vor Missbrauch (biosecurity).“  Deutscher Ethikrat, 2014.

Ich fasse das Ganze gern wie folgt zusammen: Biosafety schützt den Menschen vor gefährlichen Biostoffen. Biosecurity schützt diese vor den Menschen. Zusätzlich gibt es dann noch Dual Use und sicherheitsrelevante Forschung. Unter Dual Use versteht man im Kontext der Wissenschaft das Potenzial von Wissen, zu positiven Zwecken gebraucht, aber auch zu negativen missbraucht zu werden. Die Forschung, die sich mit derartigen Themen befasst, wird als sicherheitsrelevante Forschung bezeichnet.

 

Mal ehrlich – ist schon jemals was passiert? Ist das nicht alles nur Theorie?

Man kann sich darüber streiten, ob das Risiko groß ist oder nicht. Viele, gerade Lehrende und Forschende in höheren Positionen, bestreiten, dass ihre Forschung jemals missbraucht werden kann. Unsere Umfrage hingegen hat ergeben, dass 53% einen Missbrauch ihres Bereiches für möglich halten.

Es gibt viele prominente Beispiele kritisch diskutierter Forschung. Eines davon war Teil unseres Workshops: die Arbeit von Herfst et al. zum Thema „Airborne Transmission of Influzena A/H5N1 Virus between Ferrets”. Erstmal haben wir das Paper als spannende Forschung wahrgenommen, nicht als Risiko. Im Dialog wurden dann viele Risiken erst aufgedeckt. Durch eine Mutation konnte der Virus auch durch die Luft übertragen werden. Es gab eine große öffentliche Diskussion um das Risikopotential dieser Veröffentlichung, da eine einzige Mutation nun auch dazu genutzt werden könnte, für den Menschen gefährliche Viren zu verändern. Nach der Analyse des Geschehenen und des Prozesses haben wir gemeinsam überlegt, an welcher Stelle des Forschungs- und Publikationsprozess  welche Schritte eingeleitet werden könnten, um Risiken zu minimieren und dennoch die Forschung nicht zu behindern. Hierbei kamen viele kreative Ideen zu Tage, die nochmal deutlich machen, dass wir selbst, mit entsprechendem Bewusstsein, die beste Quelle für Strategien zur Risikovermeidung sind. Die wichtigste Antwort ist stets Bewusstseinsschaffung, also Lehre.

 

Warum ist Biosecurity wichtig für mich?

Nach unserem Workshop bekamen wir viel Rückmeldung, dass die Teilnehmer sich des Risikos nicht bewusst waren und nun mit einem anderen Bewusstsein an eigene Projekte denken. Ich bin der Überzeugung, dass diese Art von Risikoaufklärung und sich selbst bewusst werden die beste Strategie ist, eine Generation verantwortungsbewusster und risikobewusster Wissenschaftler zu bilden. Die guten Absichten können so auch sicher umgesetzt werden.

Der Deutsche Ethikrat, welcher die Bundesregierung in ethischen Fragen berät, sieht das ähnlich. Eine Stellungnahme sieht die Integration des Themas in den Lehrplan mit verpflichtender Teilnahme, die Bildung von Kommissionen für Ethik in der Forschung (KEF) sowie ein verpflichtendes Beratungsverfahren für sicherheitsrelevante Forschung vor. Einige Mitglieder sprechen sich für ein Genehmigungsverfahren durch eine Bundesbehörde aus, ähnlich einer Lizensierung, mit dem Gentechnikgesetz als Vorbild. Wir alle wissen aber auch, dass dies zusätzlichen Papierkram bedeutet, und wer will den schon. Noch dieses Jahr, soll es eine Reevaluation der Situation geben.

 

Was können Wissenschaftler tun – was kann ich tun?

Spread the word! Klärt Eure Studierenden und Eure Kollegen auf. Ein sensibilisierter Wissenschaftler mit guten Intentionen betreibt sichere Forschung. Diese wiederum führt zu Vertrauen in die Wissenschaft. Wie kann man Lehre betreiben? Ein tolles Beispiel ist der beschriebene Workshop nach Novossiolova. Unseren btS-Workshop stellen wir euch als Präsentation mit Anleitung und Umfragetool zur Verfügung, gern auch mit unserer Hilfestellung! Eins wurde sehr klar: Die btS ist ein wunderbares Medium, um Biosecurity-Aufklärung zu betreiben, denn hier finden sich kreative Ideen um Forschung sicherer zu machen. Hier finden sich motivierte und engagierte Studierende und Forschende, die ihre Umwelt besser machen wollen.

Kontakt: janina.lueders@remove-this.bts-ev.de

Literatur: Novossiolova, T. (2016), Biological Security Education Handbook: The Power of Team-Based Learning, Bradford Disarmament Research Centre, Bradford, UK, ISBN: 1851432787.